| | |
Montag | 04.07.16 | 19:00 h
Zu Gast: Jan Soldat – Haftanlage 4614
Ein dokumentarisches Portrait über ein selbstgebautes Gefängnis, in dem sich Männer freiwillig einsperren und foltern lassen können. 'Haftanlage 4614' ist der zweite Teil einer vierteiligen Reihe von Dokumentarfilmen über Knastrollenspiele.
|
| | |
Jan Soldat - Haftanlage 4614
60 min | 2015 | digifile (DV 4:3) | col | sound (mono) | OVdt (UTen) | DE
Jan Soldat (*1984 in Karl-Marx-Stadt, DDR) produzierte Kurzfilme bei der Chemnitzer Filmwerkstatt und studierte ab 2008 Film- und Fernsehregie an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf “ in Potsdam-Babelsberg. Soldat war bereits mehrfach Gast der Berlinale: im Programm der Berlinale Shorts, im Panorama und im Programm von Generation 14plus, wo er 2014 auch Mitglied der Internationalen Jury war.
Die Fetischwelt kennt für jede besondere Vorliebe eine Nische, und Arwed hat sich auf eine sehr spezielle Kundschaft eingestellt: Er betreibt ein privates Gefängnis, in dem er ganz nach Wunsch die zahlenden Gäste hinter Gittern schikaniert. Als Gefängnisdirektor ist er der Zeremonienmeister, der mit seinem Partner Dennis den Häftlingen während einer Woche ihre wildesten Knastfantasien erfüllt. Die Gefangenen wiederum sehen die Tage und Nächte in Handschellen und Fußfesseln als Erholungsurlaub – hier können sie endlich mal richtig abschalten. Das Rollenspiel wirkt wie improvisiertes Theater, in dem der Regisseur Arwed und sein Assistent Dennis jeden Abend die Dramaturgie für den nächsten Tag in den kargen Zellen und auf den Fluren der Haftanstalt planen. Die Menschlichkeit bleibt aber auch beim Auspeitschen nicht auf der Strecke, denn die Quälenden sind sich ihrer Verantwortung gegenüber den Gefangenen auf geradezu fürsorgliche Weise bewusst, trotz der harten Gefängniswärterpose.
Aus dem Off stellt Jan Soldat seine Fragen in einem Interviewstil, der auch seine Kurzfilme prägt.
„Die Bewohner der Haftanlage sind Akteure in einem Spiel, das die Logik von Macht, Beherrschung und Unterdrückung nicht nur reproduziert, sondern sich zu eigen macht. Der Albtraum der Haft wird auf diese Weise als Parodie und Lustprinzip neu entworfen. Der dokumentarisch beobachtende Ansatz, der ironischerweise dem Machtspiel seine Glaubwürdigkeit verleiht, nimmt komplizenhaft Teil an der Fiktion des Raumes. Der Blick wird so zu einem Blick, der vom Rand ausgeht; ein Rand, der zugleich die Grenze und Begrenzung darstellt, die derjenige der filmt, nicht überschreiten kann. Der Raum wird somit auch für den Filmenden und für die Ethik des Betrachtens an sich in Frage gestellt. Es ist allein der fiktionale Raum des Gefängnisses, der letztlich die Bühne einer möglichen Freiheit evozieren kann.” (Giona A. Nazzaro, Programmer und Filmkritiker)
[ Abbildung oben: aus dem Film „Haftanlage 4614“ von Jan Soldat ]
Übersicht Sommersemester 2016
|